Die Stechpalme

Die Stechpalme – Ilex Aquifolium

Ein Beitrag von Dr. Wolfgang Stein

Frühlingsanfang. Palmsonntag. Die Karwoche beginnt!

Etwa eine Woche vor Ostern zieht Jesus in Jerusalem ein. Doch der herrschenden Obrigkeit missfällt dieser Prediger einer neuen menschenfreundlichen Botschaft, nagelt ihn ans Kreuz und wäscht ihre Hände in Unschuld.
Kaum ein anderer Baum symbolisiert diesen Tag hierzulande besser als….

die Stechpalme

Stechpalme 1

Ilse Bilse, niemand willse, die böse Hülse…“ So lautet die Abwandlung eines bekannten Kinderreimes im Bergischen Land. Mit der Hülse ist hier die Stechpalme (botanisch: Ilex aquifolium) gemeint, zu früheren Zeiten ein als Unkraut angesehenes Untergehölz unserer lichten Buchen- und Eichenwälder. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Atlantik geprägten Westeuropa über die Gebirgslagen des nördlichen und östlichen Mittelmeerraumes. Im Saarland ist sie jenseits von Anpflanzungen allerdings nur selten, vorwiegend im Hunsrück und gelegentlich im Saartal, zu finden.
Selbstverständlich gehört die Stechpalme nicht zu den echten Palmen, vielmehr hat sie selbst ihrem Verwandtschaftskreis den Namen Stechpalmengewächse gegeben.

Das etwas frostempfindliche immergrüne Laubgehölz wird in Zentraleuropa nur wenige Meter groß, in milderen Regionen jedoch ein bis zu 15 Meter hoher Baum. Ihre zwei bis drei Jahre haltenden Blätter sind am Rande wellig und mit recht spitzen Stacheln versehen (Bild 1), dies allerdings nur in den unteren Regionen des Baumes. Das Fehlen der Blattdornen im oberen Bereich (Bild 2) könnte damit erklärt werden, dass ein Schutz vor Viehverbiss dort nicht mehr von Nöten ist, eine einleuchtende, unter Fachleuten allerdings sehr umstrittene Theorie. Jedenfalls erklären die Dornen den ersten Teil des Pflanzennamens Stechpalme. Auch der eingangs genannte Begriff Hülse leitet sich letztlich davon ab, denn mit den althochdeutschen Bezeichnungen „hulis“ und „huls“ benannte man zu früheren Zeiten stechende immergrüne Pflanzen im Allgemeinen. Der englische und französische Name der Stechpalme (holly bzw. houx) geht ebenfalls auf diesen Wortstamm zurück. Und so findet die Stechpalme ihren wohl berühmtesten Niederschlag in einem Inbegriff der amerikanischen Filmindustrie, bedeutet doch „Hollywood“ wörtlich nichts anderes als „Stechpalmenwald“.

Das sehr harte, gleichmäßige und schwerspaltbare Holz, das sehr leicht Politur annimmt, wurde insbesondere zu Drechslerarbeiten, Werkzeugstielen, Spazierstöcken, Peitschenstielen und Dachsparren verarbeitet. Seine besondere Helligkeit machte es für Intarsienarbeiten gut geeignet. Durch Zerquetschen und Vergären der Stechpalmenrinde und Zugabe von Harz, Leinöl und Honig stellte man zu alten Zeiten den so genannten Vogelleim her, welcher auf besondere Leimruten aufgetragen zum Fang kleinerer Vögel diente.

Stechpalme 2

Als traditionelle Weihnachtsdekoration, insbesondere in den angelsächsischen Ländern, haben sich die mit den schönen roten Beeren versehenen Zweige etabliert. Als immergrüne Pflanze und damit als Symbol ewigen Lebens geht der Mythos um die Stechpalme allerdings bereits auf die vorchristlichen Kelten, Römer und Germanen zurück, deren kultische Handlungen einfacher zu christianisieren als zu verbieten waren. Allein aus der Verwendung der Stechpalme zur symbolhaften Ausschmückung traditioneller Festlichkeiten ist der Bestand dieses nur sehr langsam wachsenden Gehölzes derart zurückgegangen, dass die Pflanze vielerorts als gefährdet eingestuft werden muss.

Der Namensteil Palme rührt von der Verwendung des Baumes in einer christlichen Tradition. Zur Erinnerung an den Einzug von Jesus in Jerusalem, dem man seinerzeit mit Palmwedel huldigte, werden am Palmsonntag in Ermangelung an echten Palmen in weiten Teilen der christlichen Welt Zweige von Weiden, Buchsbaum, Stechpalme und anderen meist immergrünen Pflanzen als „Palm“ geweiht.

Und welche traurige Parallele, geht doch mit dem heutigen Beginn der Karwoche auch unser Botanischer Garten als Prediger der Wertigkeit von Mutter Natur in seine letzten Tage.

Fotos und Text: Dr. Wolfgang Stein, Botanischer Garten der Universität des Saarlandes

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