Wildbienen – ein unterschätztes Insekt

Unterschätzte Wildbienen

Artenvielfalt sichert landwirtschaftliche Erträge

( von Redaktion Pflanzenforschung.de )

Honigbienen allein reichen nicht aus, um die Bestäubung unserer Kulturpflanzen zu gewährleisten. Wildinsekten erhöhen überall auf der Erde den Fruchtansatz und damit die Erträge, selbst wenn bereits viele Honigbienen ein Feld besuchen. In den heutigen Agrarlandschaften geht die Zahl wilder Bestäuber zurück. Forscher plädieren daher für eine Insektenfreundlichere Landwirtschaft.
Blütenpflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen, um Früchte und Samen auszubilden. Heute ist es daher gängige Praxis Honigbienen in Rapsfelder, Sonnenblumen-, Erdbeer-, Mandel- oder Blaubeerplantagen zu bringen, damit sie dort die Blüten bestäuben. Eine globale Studie zeigt jedoch, dass Honigbienen nur einen Grundertrag der Ernte sicherstellen können. Höhere und stabilere Erträge könnte die Landwirtschaft erzielen, wenn sie die Bestäubungsleistung wildlebender Insekten überall optimal nutzen würde, so das Fazit der Forscher.

Foto:luise/pixelio.de

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Wichtige Ökosystemleistung der Wildbienen
Wildlebende Insekten wie Hummeln (Bombus spp.), Mauerbienen (Osmia spp.), Blattschneiderbienen (Megachile spp.) und stachellose Bienen (Meliponini) leben in natürlichen oder naturnahen Lebensräumen: an Waldrändern, Hecken oder Grasland. Dort finden sie Nahrung und Nistplätze. Die intensive Landwirtschaft lässt immer weniger Raum für wilde Insekten. Randflächen werden systematisch in Ackerland umgewandelt. Auch Pestizide, großflächige Monokulturen und Parasiten bedrohen die Populationen. In vielen Agrarlandschaften hat die Insektenvielfalt und Anzahl bereits deutlich abgenommen. In der Folge werden auch Nutzpflanzen seltener von wilden Bestäubern besucht.
Weltweite Studie: Honigbienen gegen Wildbienen
Ein 50-köpfiges internationales Forscherteam hat die Bestäubungsleistung von Wildbienen und Honigbienen im globalen Maßstab verglichen. Sie wollten herausfinden, ob Honigbienen die Bestäubung von Kulturpflanzen alleine gewährleisten können und wie sich der Verlust wilder Bestäuber auf die Erträge wichtiger Nutzpflanzen auswirkt.
Hierzu verglichen sie mehr als 41 verschiedene Anbausysteme: Obstkulturen, Getreide, Nüsse und Kaffee; von ausgedehnten Monokulturen bis hin zur diversifizierten Kleinfelderwirtschaft. Für alle Anbausysteme erfassten sie die Häufigkeit und Artenvielfalt der blütenbesuchenden Insekten und den Fruchtansatz zur Ernte.
Wildbienen sind die effizientesten Bestäuber
Wie sich zeigte, spielt die Artenvielfalt in Agrarlandschaften eine große Rolle für die Sicherung der landwirtschaftlichen Erträge. Eine große Anzahl wildlebender Insekten steigerte in allen Anbausystemen den Anteil befruchteter Blüten. Honigbienen erreichten diesen positiven Effekt nur in 14 Prozent der untersuchten Anbausysteme.
Die Wildbienen bestäubten die Blüten zudem deutlich effizienter als ihre domestizierten Verwandten. Sie erreichten mit der gleichen Zahl von Blütenbesuchen einen doppelt so hohen Fruchtansatz wie Honigbienen – unabhängig vom Anbausystem und der Feldfrucht. Oder anders formuliert: 100 Honigbienen plus 50 Wildbienen bestäuben ein Feld viel effektiver als 150 Honigbienen.

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Artensterben bedroht Erträge
Selbst auf Mandel-, Blaubeer- und Wassermelonenfeldern, auf denen Honigbienen in großer Zahl gezielt kultiviert wurden, nahm die Befruchtungsrate mit der Anzahl der wilden Insekten noch deutlich zu. Dies führt zum Umkehrschluss, dass mit einem Rückgang der Wildbienenpopulation die Bestäubungsleistung dramatisch sinken könnte. Frucht- und samenreiche Kulturen wie Tomaten, Kaffee und Wassermelonen wären hiervon besonders betroffen. Denn ihr Ertrag ist dadurch begrenzt, dass viele Blüten nicht adäquat befruchtet werden.
Bessere Pollenqualität bei Wildbienen
Pollenuntersuchungen in einem Teil der Anbausysteme lassen vermuten, dass die höhere Effizienz der wildlebenden Insekten nicht durch eine größere Menge, sondern durch eine bessere Qualität der transportierten Pollen zustande kommt. Eine Ursache hierfür könnte sein, dass Honigbienen aufgrund ihres typischen Sammelverhaltens häufiger Blüten desselben Individuums anfliegen, eine erfolgreiche Fremdbestäubung mit Pollen anderer Individuen daher seltener ist.
Honigbienen können wilde Bestäuber nicht ersetzen
In der landwirtschaftlichen Praxis werden Honigbienen häufig als Ersatz für wilde Bestäuber angesehen. Die Studie macht deutlich, dass der Einsatz von Honigbienen allein die Blütenbefruchtung nicht maximiert. Auch können Honigbienen – in den meisten Kulturen, Anbauverfahren und Ländern – Wildbienen nicht vollständig ersetzen. Nichtsdestotrotz sind diese durch Koppelprodukte wie den Honig von großer wirtschaftlicher und ökologischer Bedeutung.
Artenvielfalt sichert Bestäubungsleistung
Biodiversität und landwirtschaftliche Produktion sind untrennbar miteinander verknüpft. Die Bestäubungsrate im Feld steigt mit der Anzahl und Vielfalt der Bestäuber. In den Agrarlandschaften ist die Artenvielfalt der Bestäuber wichtig, weil auch Honigbienen in vielen Gegenden immer seltener werden. Fliegen verschiedene Bestäuberarten ein Feld an, ist das Risiko geringer, dass der Rückgang einer Population die Bestäubungsrate dramatisch senkt.
Plädoyer für eine Insektenfreundliche Landwirtschaft
Ein Bestäuber freundliches Landmanagement kann dazu beitragen, die globalen Erträge vieler Kulturpflanzen weiter zu steigern und nachhaltig zu sichern. Doch wie können wir die Biodiversität wildlebender Insekten in Agrarlandschaften fördern? Indem wir Lebensräume für Honigbienen und Wildbienen schaffen und landwirtschaftliche Verfahren nachhaltiger gestalten. Maßnahmen hierzu sind der Schutz und die Renaturierung naturnaher Lebensräume und blütenreichere Landschaften, zum Beispiel durch das Anlegen von Blühstreifen und Hecken, blühende Stilllegungsflächen und Untersaaten, vielfältige Fruchtfolgen sowie die Förderung von Nistmöglichkeiten für wildlebende Bestäuber. Zudem gilt es nachhaltige Anbauverfahren zu etablieren und Pflanzenschutzmittel selektiver und damit noch effizienter einzusetzen.
Quelle:
Garibaldi L.A. et al. (2013): Wild pollinators enhance fruit set of crops regardless of honey-bee abundance. In: Science, (28. Februar 2013), DOI: 10.1126/science.1230200.

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